TEA – Königin der Arche

Alles begann mit einer unruhigen Nacht und wirren Träumen … als ich erwachte befand ich mich nicht mehr in meinem Termiten-Palast sondern in einer dunklen, leicht feuchten, muffigen Holzdiele.
Nachdem ich mich aus dieser Diele heraus gearbeitet hatte, fand ich mich an einem seltsamen Ort wieder.
Ich dachte bei mir, „Wer hat nur diesen fürchterlichen Bau geplant? Das A und O eines guten Baues ist die Belüftung und hier war von Belüftung gar keine Rede, geschweige denn von einer guten…“. Na, egal. Erst einmal weiter. Ich musste herausfinden wo ich mich eigentlich befand.

Nachdem sich meine Augen an die Dunkelheit gewöhnt hatten, schälten sich aus der Dämmerung des Raumes die ersten Gestalten. Um mich herum wimmelte es von Kleintieren alle Arten. Ich war umgeben von Käfern, Würmern, Fliegen, Spinnen, Ameisen und vielen weiteren Arten.

Doch was war das? Irgendetwas stimmte nicht. Es waren trotzdem zu wenige. Zumindest von einigen Arten, wie diese fürchterlichen Ameisen.
Nachdem ich mich genauer umschaute entdeckte ich, dass von jeder Art nur ganze zwei Tiere da waren. Was hatte das nur zu bedeuten???
Die Sache wurde immer seltsamer. Ich versuchte einzelne Paare zu fragen, aber entweder schliefen sie oder konnten keine klare Auskunft geben.
Nur so was wie, „Wir mussten kommen. Es zog uns hier her. Wir wissen auch nicht wieso wir hier sind.“ Und ähnliche Antworten waren zu hören.
Ich beschloss also weiter zu suchen und der Sache auf den Grund zu gehen.

Die Würmer

Auf meiner Reise begegnete ich eines Tages den Würmern. Sie waren ein seltsames Paar und sehr anstrengend, wenn sie redeten.
Immer wenn die Würmer was zu sagen hatten, dann sagten sie immer das Gleiche und auch noch gleichzeitig. Auf Nachfrage, warum sie alles zusammen sagen, erklärten Sie:

„Naja, eigentlich sind wir gar nicht zwei Würmer. Als wir schon einige Zeit auf der Arche unterwegs waren, da hatte ich meinen Partner, der schon immer ziemlich paddelig war, verloren. Er konnte Nachts schlecht schlafen und kroch dann gerne in der Gegend herum um sich müde zu machen. Eines Nachts ist es dann geschehen, eines der Tiere die im stehen schlafen, hatte ihn voll erwischt … Platt wie ‘ne Flunder und dreimal so tot. 
Noah hat lange hin und her überlegt was er da machen könne. Eine der Frauen seiner Söhne wusste von unserer Fähigkeit, dass wenn ein Wurm zerschnitten wird, beide Hälften weiterleben und nachdem er sich Kraft von Gott erbeten hatte, wagte er das Risiko. Er zerschnitt mich in der Mitte und durch Gottes Kraft gelang das Experiment! Meinem hinteren Teil wuchs tatsächlich wieder ein Kopf. Und so sind wir nun wie wir sind. “

Nachdem ich mich bei den Würmern verabschiedet hatte, fraß ich mich durch die unterschiedlichsten Kammern und gelangte so zu den verschiedensten Tierarten.

„Wo bin ich hier nur gelandet und was ist das für ein komischer Bau?“ dachte ich bei mir.
Nach einigen Tagen, ich hatte mich nur noch nach Oben gearbeitet um zu sehen was dort ist, bemerkte ich etwas Sonderbares. Es schien mir als würde der ganze Bau schwanken!
Mit jedem Meter, den ich weiter aufwärts kam, wurde das Schwanken deutlicher und mir selbst schlechter.

Ich war mittlerweile bei den Tieren aus Afrika angelangt. Es war ein großer, geräumiger Raum mit einer besonders hohen Decke. Diese war auch nötig, denn in diesem Raum waren die größten Tiere untergebracht. Ein Tierpaar überragte alle und berührte mit dem Kopf fast die Decke: die Giraffen.
Vielleicht wissen ja die Giraffen, wo wir uns eigentlich befinden.

Die Giraffen

Ich krabbelte über die Wände und dann an der Decke hängend bis ganz in die Nähe des Kopfes einer der beiden Giraffen.
“Hallo Giraffe!” sagte ich. Doch die Giraffe schien mich gar nicht zu hören, deshalb rief ich noch einmal aber diesmal so laut ich konnte: “Hallo Giraffe!!!” und dieses Mal hatte sie mich gehört, denn ich sah, wie sie zusammenzuckte und sich irritiert umschaute.

“Hier oben, neben deinem Kopf an der Decke!” rief ich wieder. Und nun fand sie mich und wirkte erleichtert, mich zu sehen.
“Oh. Da! Und ich dachte schon: Jetzt höre ich wieder eine körperlose Stimme die mir Verrücktes ins Ohr flüstert und ich mache noch seltsamere Dinge“ sprach die Giraffe.
“Was meinst Du mit verrückten Sachen?” fragte ich sie.

“Nun ja, kleine Termite, vor nicht all zu langer Zeit hörte ich schon einmal eine Stimme und die sagte mir, ich solle zur Arche gehen.”
“Arche? – Was ist das?” fragte ich nach.
“Wie, du weißt nichts von der Arche? … Na, die Arche ist dieses Schiff hier, in dem wir uns nun seit Wochen befinden.”
Aus dem was die Giraffe da erzählte, wurde ich nicht schlau. “Was ist denn nun schon wieder ein Schiff? Und was ich eigentlich wissen wollte ist: Warum schwankt dieser komische Bau?”.

“Liebe Termite, ich kann Dir nur erzählen, was ich gehört habe … erklären kann ich es Dir nicht. Aber vielleicht wissen die Elefanten ja mehr, denn sie haben sicher mehr gehört.”
“Wo finde ich denn die Elefanten?” fragte ich und die Giraffe wende den Kopf und wies mit ihren Höckern hinüber auf die andere Seite des Raumes. “Ich glaube sie sind da drüben.”
So krabbelte ich weiter in die Richtung, die mir die Giraffe gewiesen hatte.

Die Elefanten

Als ich bei den Elefanten ankam, rief ich wieder aus Leibeskräften: “Hallo Elefanten, könnt ihr mich hören???”
Diesmal bekam ich sofort eine Antwort. “Ich höre eine Termite schreien … nur, wo bist Du und höre bitte auf zu schreien, ich kann Dich zwar nicht sehen aber taub bin ich nicht.”

“Oh, Entschuldigung” sagte ich, diesmal aber in normaler Lautstärke, “Ich bin hier oben an der Decke genau über euch.”
Beide Elefanten verdrehten ihre Köpfe bis sie einen winzigen Punkt an der Decke entdeckten, der sich scheinbar bewegte.
“Ah, da bist Du. Was können wir für Dich tun?” fragte der Elefant, der mir am nächsten war.

“Vorhin habe ich mit der Giraffe gesprochen und sie war der Ansicht, dass ihr mehr wissen müsstet” sprach ich. “Nun, das mag wohl sein, kleine Termite, nur, was möchtest Du denn wissen?”

“Also: … Was ist das für ein komischer Bau?, Was ist eine Arche?, Was ist ein Schiff?, Wie kommen wir alle hier her?, Warum sind wir alle hier zusammen? und Wo ist der Ausgang???” platzte es aus mir heraus.

“Na, dass sind aber eine ganze Menge Fragen, für so eine kleine Termite. … Wir können nicht alle Deine Fragen beantworten aber ein paar: ‘Wir haben alle die Stimme des Schöpfers dieser Welt vernommen.
Sie sagte uns, wir sollten uns auf den Weg machen und zu ein paar Menschen gehen, die vom Schöpfer beauftragt wurden, eine große Kiste aus Holz zu bauen.
Nach einigen Tagen haben wir diese Menschen gefunden. Sie bauten tatsächlich eine Holzkiste und das mitten in der Wüste. Als wir bei dieser Holzkiste ankamen, setzte ein starker Regen ein.
Am Anfang war das nach Tagen der Wüstenwanderung auch noch sehr angenehm, aber es zeichnete sich kein Ende des Regens ab und die Menschen führten uns schließlich in diese Holzkiste.
Von den Affen, die die Menschen am Besten verstehen können, erfuhren wir, dass die Menschen zu dieser Kiste „Arche“ sagen. Aber ich weiß nicht, was das bedeutet.
In dieser Kiste fanden wir hier unseren Platz. Und als alle Tiere ihren Platz gefunden hatten, hörte ich wie das große Loch, durch das wir hereingekommen sind, verschlossen wurde.
Seit dem kommen die Menschen regelmäßig vorbei und versorgen uns mit Nahrung, und bringen unsere stinkende Scheiße weg.
Tagelang trommelte nur der Regen auf die Kiste, und nach einiger Zeit spürten wir dann, dass die Kiste angefangen hat zu schwanken. Warum das so ist, kann ich Dir nicht sagen.“

„Und, kannst Du mir sagen warum wir überhaupt hier sind?“ unterbrach ich den Elefanten.

„Ich kann nur eine Vermutung aussprechen, die hier die Runde macht.
Die Tiere erzählen sich, dass die Welt um uns herum im Wasser versunken ist und nur wir noch übrig sind und nun in dieser Kiste auf dem Wasser schwimmen. Aber dies kann ich nicht bestätigen. Frage da besser die Affen, die scheinen mehr zu wissen oder begreifen vielleicht eher was das zu bedeuten hat.”
Ich bedankte mich bei den Elefanten und beschloss ihrem Rat zu folgen und die Affen aufzusuchen.

Die Affen

Es dauerte länger als ich erwartet hatte sie zu finden, denn anders als die anderen Tiere blieben die Affen selten auf ihrem zugewiesenen Platz. Sie machten sich eine Spaß daraus die Menschen immer wieder zu ärgern. Wo sie nur konnten schlichen sie hinter ihnen her, klauten ihnen ihre Sachen und versteckten sie dann irgendwo in der “Arche”. Einmal sah ich, wie die Affen die Kleider der Menschen übergezogen hatten und in den Kleidern durch das Schiff stolzierten. Sie spielten mal wieder Mensch.
An diesem Abend fand ich dann zwei der größeren Affen in der Nähe der leeren Nahrungskisten im hinteren Teil der Arche. Hier wurden die meisten Lebensmittel gelagert. Seine Partnerin saß bei ihm und lauste ihm das Fell. Ich nutze die Gelegenheit und verwickelte sie in ein Gespräch.

“Hallo ihr Affen! – Die Elefanten sind der Meinung, dass ihr mir erklären könnt, warum wir in dieser schwankenden Kiste sind.”
Der Affe der an einer Kiste gelehnt saß, blickte auf und als er mich entdeckte sagte er: “Oh, eine kleine Termite. Komm bloß nicht auf die Idee überall Löcher ins Holz zu beißen … Und diese schwankende Kiste ist eine ‘ARCHE’!” “Tja, das haben mir andere Tiere auch schon gesagt, nur kann mir keiner erklären, was das eigentlich ist.” erwiderte ich. “Die Arche ist ein Schiff aus Holz! Gebaut von den Menschen. Und die haben den Auftrag dazu vom Schöpfer der Welt erhalten” sagte der Affe mit bedeutungsvoller Mine. Das Affenweibchen hinter ihm verdrehte bei seinen Worten nur die Augen.
“Ja, aber wozu das Ganze?” hielt ich dagegen. Der Affe stutzte etwas und blickte mich verwundert an. “Liebe Termite, hast Du es denn nicht mitbekommen? Die Welt um uns herum gibt es nicht mehr. Der Regen hat alles überflutet und wir sind die Glücklichen, die in diesem Paradies weiterleben können!” Das verschlug mir den Atem. Die Welt – untergegangen? Nein, das kann nicht sein. Nach einiger Zeit hatte ich mich wieder gefangen und sagte: “Hast Du für Deine Behauptung auch Beweise?” Das Affenweibchen antwortete: “Wenn Du uns nicht glauben willst, dann lass Dir von den Katzen doch das Loch zeigen, dass ein Specht in die Bordwand geklopft hat. Wenn Du da durch schaust, siehst du was draußen los ist.”
“Das werde ich machen, aber bevor ich der Sache nachgehe, möchte ich noch etwas wissen. Warum sind wir hier und wie lange müssen wir noch bleiben?” antwortete ich und der Affe an der Kiste richtete sich auf und sagte: “Der Regen hat alles überflutet. Aber wir sind gerettet. Warum willst Du überhaupt hier weg? Uns geht es doch besser als je zuvor! Wir sitzen im Trockenen, wir werden mit allen lebenswichtigen Dingen versorgt und brauchen keine Angst zu haben von wilden Tieren gefressen zu werden. Wir sind behütet, beschützt und geborgen. Wenn es nach mir geht, kann es so immer weiter gehen.” – “Das wird es aber nicht.” sagte darauf das Affenweibchen und setzte fort: “Schau Dich doch nur mal um, Du selber stehst neben einer leeren Nahrungsmittelkiste und um uns herum gibt es mittlerweile mehr leere Kisten als volle. Wenn unsere Reise nicht bald ein Ende nimmt, dann stehen auch uns sehr harte Zeiten bevor.” Ich schaute mich um und musste feststellen, dass sie Recht hatte.
Das Affenmännchen nickte betrübt und sagte dazu nur: „Die Menschen werden sich schon um uns sorgen. Vielleicht lassen sie deshalb auch andauernd Vögel fliegen, damit es weniger Mäuler gibt, die die Nahrungsmittel auffressen.” – “Pah! Wie dumm bist Du eigentlich?” erwiderte das Affenweibchen und verpasste dem Affenmännchen eine Kopfnuss. “So viel fressen die Vögel nun auch nicht. Das muss einen anderen Grund haben.”
“Habt ihr ein Idee?” erwiderte ich. “Keine Ahnung. Bisher konnten wir nicht mit den Vögeln reden. Die ersten Vögel die wegfliegen durften, ich glaube es waren Raben, sind nicht zurückgekommen, aber Gestern ist eine Taube zurückgekehrt, und wenn man den Katzen glauben kann, soll sie auch einen Zweig mit Blättern mitgebracht haben.” sagte das Affenweibchen bedeutungsvoll.

“Wieso wissen die Katzen das eigentlich?” dachte ich laut bei mir und das Affenmännchen antwortete abfällig: “Na, die haben doch auch nichts Besseres zu tun, als überall herum zu spionieren. Man sieht und hört sie nicht und doch schleichen sie überall herum und beobachten alles, als ob die Arche Ihnen gehören würde und sie für Recht und Ordnung sorgen müssten …” 

In Gedanken wendete ich mich ab und wollte mich auf die Suche nach den Katzen machen als das Affenweibchen hinter mir her rief: “He, kleine Termite, alle Tiere hier an Bord sind zu zweit, je ein Männchen und ein Weibchen. Wo ist denn dein Partner?” Ich blieb wie vom Blitz getroffen stehen. Mein Partner? – Habe ich überhaupt einen oder bin ich die Einzige meiner Art? Ich muss unbedingt zu den Katzen, wenn jemand diese Frage beantworten kann, dann sie. Ohne ein Wort verschwand ich in der Decke und fraß mich weiter zum nächsten Deck durch.

Das Affenmännchen hatte Recht, die Katzen waren sehr schwer zu finden. Sie schlichen immer irgendwo herum oder lagen an den unmöglichsten Stellen um von dort aus alles zu beobachten.
Als ich sie dann endlich fand, war es dann eher aus Zufall.

Die Katzen

“Hoppla” sagte ich. Als ich mich gerade durch ein Brett hindurchgearbeitet hatte, musste ich feststellen, dass ich genau unter einem Tier herausgekommen war. Nachdem ich mich darunter hervorgearbeitet hatte, stellte ich fest, dass es eine schlafende Katze war. 
”Hallo Katze!” rief ich und sofort richteten sich die Ohren der Katze auf mich aus und die Augen öffneten sich einen kleinen Spalt weit. “Katze, darf ich dich was fragen?” setzte ich an, und die Katze reagierte nur mit einem leisen murmelnden: “Das tust du bereits!”

“Äh, ja.” meinte ich nur und fuhrt dann aber fort: “Ich bin auf der Suche nach meinem Partner. Habt ihr eine weitere Termite in der Arche entdeckt?” Die Katze schnurrte eine ganze Zeit lang und ich dachte schon sie wäre bereits wieder eingeschlafen, als sie plötzlich wieder die Augen öffnete, sich aufrichtete und anfing zu putzen.

“Und, habt ihr eine weitere Termite entdeckt?” wiederholte ich meine Frage. Die Katze hielt kurz mit dem Putzen inne um nur zu sagen: “Nö.” Mich überlief ein kalter Schauer und zaghaft fragte ich nach: “Seid ihr ganz sicher, dass es auf der Arche keine weitere Termite gibt?” und wieder erhielt ich nur ein “Nö”. “Wie bitte? – Geht es vielleicht auch etwas ausführlicher?” entgegnete ich nun doch etwas gereizt. “Liebe kleine, ungeduldige Termite … Auf dem Oberdeck bei den Menschen gibt es noch Bereiche, die wir nicht kontrollieren” antwortet nun die Katze “… vielleicht versteckt sich dort eine weitere Termite. Ich weiß es nicht.” Mit diesen Worten wendete sich die Katze von mir ab und rollte sich wieder zusammen um weiter zu schlafen.

„Tja, aus der ist wohl nicht mehr heraus zu bekommen“, dachte ich bei mir und etwas frustriert machte ich mich auf den Weg zum Oberdeck, um mich bis zu den Menschen durchzubeißen.

Während ich mich so durch die Decks und Dielen biss, geschah es dann.
Plötzlich vernahm ich erneut ein lautes Rumpeln. Ähnlich wie das, vor ein paar Tagen als das Schiff plötzlich aufhörte zu schwanken. Dieses Mal war es aber anders. Unter den Tieren breitete sich eine Unruhe aus. Es machte das Gerücht die Runde, dass das Schiff geöffnet wurde und alle das Schiff verlassen könnten.

… Nein! …

Das durfte nicht sein! Wenn alle das Schiff verlassen, was würde dann aus mir? Sollte ich alleine zurück bleiben? Ich musste zum Oberdeck und zu den Menschen! Sie müssen wissen, ob ich allein bin oder ob es noch mehr von meiner Art gibt.

So schnell ich konnte arbeitete ich mich weiter nach oben, und nach einiger Zeit durchbrach ich die letzte Decke und Sonnenlicht umfing mich.
Nachdem sich meine Augen an das grelle Licht gewöhnt hatten, schaute ich mich um. …

Alle waren fort. … Am Horizont stand ein bunter Bogen aus Licht … „Was hatte das nun wieder zu bedeuten?“.

Mir wurde klar, dass ich zu lange gebraucht hatte. Meine kurzen Beine hatten mich nicht schnell genug getragen und das letzte Holzdeck, durch das ich mich hatte beißen müssen, war dicker als die übrigen gewesen.
Traurig setzte ich mich auf die Reling der Arche und blickte in die sich bereits grünende Weite um das Schiff. Das Wasser war wieder fort.
Was sollte nun aus mir werden?

Plötzlich vernahm ich zum ersten Mal eine tiefe, angenehme, liebevolle Stimme. Die Stimme, die von überall zu kommen schien, sprach mich bei meinem Vornamen an:

“Tea! Hallo kleine Tea. Sei nicht betrübt, Du hast einen langen Weg hinter Dir und ich bin sehr stolz auf Dich.”
Erstaunt schaute ich mich um, konnte aber niemanden entdecken. “Wer spricht da?” rief ich daher und die Stimme antwortete gleich:
“Meine kleine Tea, es ist an der Zeit, dass ich Dir einiges erkläre: Ich bin Gott, der Schöpfer dieser Welt und allem Leben auf ihr. Ich war sehr unglücklich darüber, wie sich diese Welt entwickelt hatte und hatte daher beschlossen, alles Leben auf dieser Welt zu vernichten und dann einen Neuanfang zu wagen. Je ein Paar jeder Art sollte gerettet werden und deshalb habe ich auch Dich auf diese Arche gebracht. Du bist nicht die Letzte deiner Art! Auch für Dich habe ich ein Gegenüber vorgesehen. Nur musste ich ihn vor Dir verbergen, bis wir am Ziel sind.”

“Warum?” – “Tea, was wäre passiert, wenn ich Dich mit Deinem Partner gleich am Anfang der Reise zusammen gebracht hätte? Ihr hättet sofort ein neues Volk gegründet, wie es Deiner Art entspricht.”

“Und? Was wäre daran so schlimm gewesen?” – “Tea! – Die Arche ist aus Holz! Ihr hättet dieses Holz dazu verwand, euch einen neuen Termitenbau zu errichten. Das hätte aber auch zur Folge gehabt, dass die Arche sehr wahrscheinlich nicht wasserdicht geblieben und gesunken wäre. Das konnte ich nicht zulassen.”

“Oh. – Ja. Dass wäre wahrscheinlich so gekommen.”

“Deshalb musstest Du als einzige bis jetzt warten, aber die Zeit zu warten ist nun auch für Dich zu Ende. Hinter dieser Wand wirst Du Deinen Partner finden, geh zu ihm, gründe mit ihm ein neues Volk. Die Arche will ich Dir als Geschenk übergeben. Baue aus ihr ein neues Zuhause für Dich und Dein Volk. Es soll Dir und Deinen kommenden Generationen gehören, bis nicht von ihr übrig geblieben ist. – Lebe nun wohl meine kleine Königin der Arche!”

Und mit diesen Worten wurde es mir ganz warm ums Herz und ich stürmte um die Wand. Hinter ihr fand ich meinen Partner und gemeinsam schufen wir unser Volk. 
Es wurde von Generation zu Generation größer und größer. 
Nach vielen Jahren war von der Arche dann tatsächlich nichts mehr geblieben und mein Volk zerstreute sich in die Welt und gründete weitere Völker und lebt seit dem glücklich und zufrieden unter dem Segen unseres Schöpfers.

© Ulrich Bohlken,
geschrieben für die Kinderbibeltage in Brake an der Weser, im Februar 2012

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